Viele MMORPG-Veteranen warten auf ein neues MMORPG. Da fragen die Macher von League of Legends die Fans, ob sie ein neues MMO machen sollen. Unser Autor Schuhmann sagt: Die Zeit ist zwar reif für ein neues MMORPG, aber das wird eine andere Art von Spiel sein, als viele glauben. Einen WoW-Killer macht heute keiner mehr.
10 Jahre lang „WoW“-Killer
Der große Hype: Nach dem Erfolg von WoW, ab 2005 etwa, gab es fast 10 Jahre lang den Versuch, ein neues MMORPG diesen Ausmaßes zu schaffen.
Zwar stritten die Spiele selbst das immer wieder ab und vermieden den Vergleich mit World of Warcraft. Doch die Rede war ständig vom „WoW-Killer“, von dem Spiel, das WoW die Spieler abluchst und selbst Kalif anstelle des Kalifen wird.
Solche WoW-Killer kamen 10 Jahre lang verlässlich an und scheiterten ebenso verlässlich:
- 2007: Herr der Ringe Online
- 2008: Age of Conan, Warhammer
- 2009: Runes of Magic
- 2010: Allods Online, Star Trek Online, Aion (West-Release)
- 2011: Rift, Star Wars: The Old Republic
- 2012: Guild Wars 2, The Secret World
- 2013: Neverwinter, Final Fantasy XIV
MMORPG-Fans wussten: Immer war irgendwas geplant und in der Pipeline. Fast jeder hatte einen „zukünftigen Kracher“, den er herbeisehnte
Während die Spieler auf den eigentlichen Liebling warteten, wechselten sie mal zu diesem Spiel, mal zu jenem. Einige fanden einen frischen Liebling, andere kehrten wieder zu WoW zurück. Das geschah Jahr für Jahr. Doch dann kam 2014.
Katastrophenjahr 2014 wirft das Genre zurück
2014 erwies sich als Katastrophen-Jahr für MMORPGs. Dabei waren alle Zeichen auf Erfolg gestellt:
- Doch The Elder Scrolls Online scheiterte katastrophal auf dem PC. ESO sah lange wie ein Total-Flop aus, bis man später die Kurve bekam
- WildStar verkaufte zwar viele Spiele, konnte aber kaum wen länger als einen Monat halten und brach zusammen
- ArcheAge erzeugte als F2P-Titel einen riesigen Hype, aber auch diesem MMORPG ging rasch die Luft aus – der Höhenflug wurde zur Bruchlandung
- Und mit „Warlords of Draenor“ erreichte WoW einen Tiefpunkt. Ein Jahr später würde Activision verkünden, künftig keine Abo-Zahlen mehr bekanntzugeben. Erst 2016 ging es mit Legion wieder aufwärts.
Für eine Weile sah es düster aus.
Trotz viel Geld und toller Lizenzen kein Erfolg als WoW-Killer
Nächste Generation abgesagt: Schon vorher waren große Unternehmungen wie Star Wars: The Old Republic und Final Fantasy XIV – zu ihrer Zeit – brutal gescheitert. Sie mussten ins Free2Play oder gar in einen aufwändigen Wiederaufbau. Das viele Geld, die tollen Lizenzen und Franchises, konnten keinen Erfolg garantieren.
Nach dem schlimmen Jahr 2014 galten MMORPGs nicht mehr als „angesagt“. Das hatte Konsequenzen.
Eigentlich war die Revolution des Genres, die „Next-Gen“, für 2015, 2016 oder spätestens für 2017 eingeplant. Die entsprechenden Hoffnungsträger waren seit Jahren in Entwicklung und trugen klangvolle Namen. Doch dann kamen die Hiobsbotschaften:
- Blizzard arbeitete seit September 2014 nicht mehr an dem WoW-Nachfolger „Titan“, sondern machte mit überschaubaren Projekten wie Hearthstone oder Overwatch ein Vermögen.
- Everquest Next wurde früh beerdigt – das gab man erst 2016 bekannt, aber man sah es schon 2015 kommen
Die Hype-Genre im Gaming sind seitdem andere:
- Erst Mobas wie LoL oder DOTA 2
- dann Survival-Spiele á la ARK: Survival Evolved
- zwischendrin Helden-Shooter, da liegt Overwatch unverwüstlich an der Spitze
- und seit etwa anderthalb Jahren Battle-Royale-Spiele wie PUBG und Fortnite
Eine Industrie konsolidiert sich
MMORPGs nach 2015: In den letzten Jahren haben wir den Status Quo, dass kein neues AAA-MMORPG erscheint. Jedenfalls kein westliches.
Die bestehenden großen Titel halten ihre Spieler, kommen vielleicht noch auf neue Plattformen, aber viel tut sich nicht mehr. Die Spiele beschreiten Nebenwege, entwickeln Mobile- oder Konsolen-Versionen.
Aber so schlimm ist es nicht: Das Genre wächst vielleicht nicht mehr, den einzelnen großen MMORPGs geht’s aber gut.
Kleinere MMORPGs trifft es oft hart
Für die kleineren sieht’s nicht so super aus:
Kleinere MMORPGs:
- werden eingestellt (Asheron’s Call, Devilian)
- verschwinden nach und nach aus dem Rampenlicht (Anarchy Online, Age of Conan)
- oder versanden bei Ankunft praktisch geräuschlos (ELOA, ASTA, Cabal Online 2).
Indie-MMORPGs stehen in den Startlöchern, hängen dort ein wenig fest
Dazu existiert eine Reihe von Indie-Spiele, die neue Wege im MMORPG beschreiten wollen. Auf diesen Spielen ruhen aktuell die Hoffnungen der MMORPG-Veteranen. Es sind Titel wie:
- Pantheon – Rise of the Fallen – ein Oldschool-PvE-MMORPG
- Chronicles of Elyria – eine Art RPG-Simulation
- Ashes of Creation – ein Nachfolger von Everquest Next im Geiste
- Camelot Unchained – ein reines PvP-Spiel
- oder Crowfall – ein MMORPG mit Strategie-Elementen
Doch all diese Projekte hängen seit Jahren in der Pre-Alpha fest. Viel Geld steckt nicht in diesen Games, die oft per Crowdfunding oder von Privat-Investoren finanziert werden. Nur selten erreichen mal die Aufmerksamkeit der allgemeinen Spiele-Presse. Von großen Artikel in der General Interest-Presse sind sie meilenweit entfernt. Da landet heute Fortnite.
2018: Ein Markt hungert
Nachfrage ist riesig: Dabei zeigen gerade diese Indie-Projekte, dass die Nachfrage nach einem neuen MMORPG riesig ist. Jahrelang hatten die Leute die Nase voll vom „nächsten MMORPG, das doch wieder enttäuschen würde“. Heute sehnen sie sich nach etwas Neuem.
Über die letzten 20 Jahren gab es viele Spieler, die ein MMORPG geliebt haben, jetzt aber nach einem neuen suchen.
Die Lust nach einem neuen MMORPG ist riesig: Das sieht man etwa an der Aufmerksamkeit, die ein Spiel wie „Bless“ erzeugt, wenn es auf Steam erscheint. Trotz aller Warnhinweise haben sich viele Bless gekauft und waren später enttäuscht.
Auch das Engagement der Fans von einzelnen Indie-MMORPGs ist riesig.
Kann LoL diese Lust befriedigen?
LoL als Hoffnungsträger? – Moment: Aktuell erscheint Riot Games wie ein Hoffnungsträger für Leute, die sich nach dem nächsten „MMORPG“ sehnen. Die Macher von LoL haben an ihrer Welt gearbeitet und die Lore auf die Reihe bekommen. Sie fragen jetzt: „Wollt Ihr, dass wir ein ein LoL-MMO machen?“
Da frohlockt so mancher MMORPG-Spieler, denn Riot wäre in ihren Augen doch ideal, um das Genre neu zu beleben:
- Der Markt ist mehr als reif dafür
- Riot traut man außerdem zu, ein AAA-MMORPG auf die Beine zu stellen – immerhin hat man eine Menge Ressourcen und fähige Entwickler (darunter mit Greg „Ghostcrawler“ Street einen WoW-Experten)
- Wenn jemand solange Geld auf ein Problem werfen kann, bis es weggeht, dann ist es Riot
- Außerdem sind Online-Games wie Fortnite ein Hit, da würde ein MMORPG doch sicher auch wirtschaftlich sinnvoll sein – bei all den Monetarisierungs-Möglichkeiten
- Der Gaming-Markt verläuft zyklisch und MMORPGs als Trend wären mal wieder dran – immerhin hat man lange genug gewartet
Die Sterne stehen günstig: Auf Mein-MMO haben wir gefragt „Würdest du ein LoL-MMO spielen?“. Mehr als 90% sagten: Ja, würde ich.
Das nächste MMORPG wird anders sein
Das Problem: Viele, die auf diese Frage antworten, stellen sich eine Art „modernes WoW im LoL-Skin“ vor. Das ist aber kaum denkbar.
Sollte Riot wirklich ein MMO entwickeln, dann wird das wohl eher einem „Destiny“ ähneln als einem WoW. Das sieht man schon daran, dass LoL nach einem „MMO“ und nicht nach einem „MMORPG“ fragt.
Es ist zwar richtig und sichtbar, dass die Lust nach einem MMORPG groß ist.
Aber man kann sicher sein: Das nächste MMORPG, das ein Erfolg wird, wird vieles anders machen als die „WoW“-Killer von einst.
MMORPGs werden sich weiterentwickeln müssen, um erfolgreich zu sein
2018 braucht ein anderes MMORPG: Das Gaming ist zwar zyklisch, aber die einzelnen Genres entwickeln sich konstant weiter. Die RPGs von heute setzen auf Open-World und nicht mehr auf die Textwüsten von vor 15 Jahren. Auch MMORPGs werden sich ändern.
Diesen Trend sieht man bereits:
- Erfolgreiche MMORPGs im Westen wie Guild Wars 2, The Elder Scrolls Online oder Black Desert unterscheiden sich von WoW. Sie suchen ihren eigenen Weg, ob im Kampfsystem, der Grundstruktur oder der Erzählweise.
- Sogar WoW selbst hat sich mittlerweile so stark von dem „Vanilla-WoW“ entfernt, dass Spieler beständig nach Classic-Servern rufen
- In Asien laufen Action-MMORPGs wie Lost ARK gerade durch die letzten Beta-Phasen. Hier verknüpft man die ISO-Perspektive eines Diablo-3 mit der Tiefe eines MMORPGs zu etwas Neuem. Project TL, das nächste Lineage, geht in eine ähnliche Richtung.
- Und frischen Spiele wie Ashes of Creation setzen auf eine dynamische Welt, die sich verändert und vom Spieler mitgestaltet wird.
Spiele wie Ashes of Creation oder Lost Ark könnten die nächsten MMORPGs sein, auf die Spieler warten. Die Zeit ist in jedem Fall reif.
Klar ist: Auch Riot Games mit all dem Geld, mit all der Erfahrung und dem Erfolg wird nicht versuchen, „einen neuen WoW-Killer“ auf die Beine zu stellen, nachdem so viele vor ihnen gescheitert sind. Das nächste MMORPG, das so viel Erfolg wie WoW haben kann, muss sich weiterentwickeln, um das zu erreichen.
Das nächste große MMORPG ist hoffentlich, egal was es wird, für uns alles eines: eine Überraschung.