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Meinung
Oct. 01, 2018 | 19:00 Uhr

Für Cortyn artet World of Warcraft immer mehr in Stress aus. Liegt das an den neuen Spielsystemen? Ist WoW doch nicht mehr „so casual“ wie gedacht?

Nach dem anfänglichen Stress, den jeder Launch einer neuen Erweiterung von World of Warcraft mit sich bringt, war WoW für mich oft ein Ort der Entspannung.

Im Gegensatz zu Action-Titeln wie Dead by Daylight oder hastigen Partien in Heroes of the Storm war WoW stets „ruhig“ und gemütlich. Klar, im Verlauf eines „Mythisch+“-Dungeons oder eines PvP-Schlachtfelds wurde es auch mal hektisch, aber das war immer zeitlich begrenzt.WoW Siege of Undercity Greymane Anduin title

Ansonsten ist WoW für mich aber immer ein „gemütliches“ Spiel gewesen. Man loggt ein, schaut sich ein wenig um und macht einfach das, was einem so vor die Füße fällt. Nur wenige Dinge fühlen sich verpflichtend an, das meiste ist optional oder so schwer zu erreichen, dass man es ohnehin ausblendet.

Das ist jedoch verschwunden. WoW wurde in den letzten Wochen stressig und diese Meinung spiegelt sich auch in meinem Freundeskreis wider.

Mehr Druck durch leichte Erreichbarkeit

Vom Spielverhalten her bin ich bei Weitem nicht „Hardcore“. Ich raide zum Beispiel nicht mythisch und bisher nicht einmal heroisch – dafür fehlt einfach die Zeit.

Für „Mythisch+“-Dungeons bin ich aber immer zu begeistern und auch recht motiviert, hier das Beste aus meinem Charakter rauszuholen und immer höhere Schlüsselsteine zu meistern. Damit das der Fall ist, will ich meine Priesterin natürlich gut ausgerüstet haben.WoW Nightborne PvP title

PvP war für mich niemals eine große Sache. Ich habe gelegentlich gerne ein paar Runden gespielt, aber wirklich ehrgeizig war ich dabei nie. Ich mache mir nicht viel aus Niederlagen – zumindest war das bisher der Fall.

Mit Battle for Azeroth ist man jedoch gut beraten, wenn man jede Woche die 500 Eroberungspunkte farmt, um ein Item der Gegenstandsstufe 355 abzustauben. Das rennt einem zwar nicht weg und man kann das Item auch noch in den kommenden Wochen erspielen, aber dadurch wird die Aufgabe jedes Mal noch größer.

Seit kurzem sind Eroberungspunkte sogar noch wichtiger. Wenn man nämlich in einer Woche die 500 Punkte voll macht, darf man zum Beginn der nächsten Woche eine zusätzliche PvP-Belohnungstruhe öffnen. Ganz unabhängig davon, ob man gewertetes PvP spielt oder nicht.WoW PvP Arenabattle

Weil aus dieser Bonus-Kiste auch „richtig gutes Zeug“ droppen kann, werden die 500 Eroberungspunkte pro Woche zur Pflicht. Ein weiterer Baustein im vollen Terminkalender innerhalb von World of Warcraft.

Der Hearthstone-Faktor ist verschwunden

Wenn ich in World of Warcraft unterwegs bin, dann messe ich im Kopf den meisten Dingen einen „Hearthstone-Faktor“ bei. Das ist eine Einteilung im Kopf für mich, von 0-10, wie gut ich beim WoW-Spielen „nebenher“ noch Hearthstone spielen kann. Ein paar Beispiele?

  • „Mythisch+“-Dungeons: Hearthstone-Faktor 0
  • Heilen in Zeitwanderungsdungeons: Hearthstone-Faktor 3
  • Kräuter/Erze farmen: Hearthstone-Faktor 7
  • Pet-Battles: Hearthstone-Faktor 8
  • Angeln: Hearthstone-Faktor 9
  • Gildenchat verfolgen: Hearthstone-Faktor 10

Hearthstone Dr Boom titleDie Tatsache, dass ich Hearthstone seit knapp drei Wochen gar nicht mehr angerührt habe, spricht ebenfalls dafür: Was ich in World of Warcraft tue, ist stressiger und vereinnahmender geworden. Nicht unbedingt schwieriger oder anspruchsvoller – aber die reine Fülle an Dingen wurde mehr.

Alles ist relevant, aber nichts so richtig

Auf der einen Seite ist es natürlich toll, dass World of Warcraft so viele verschiedene Inhalte bietet, die alle mit Belohnungen versehen sind. Auf der anderen Seite erschafft das Spiel damit einen massiven Druck, auch alle diese potenziellen Quellen von guter Beute auszuschöpfen.

Doch abgesehen von den Eroberungspunkten weiß man nie so richtig, worauf man eigentlich hinarbeitet. Fast immer ist die Belohnung zufällig und damit besteht die große Chance, dass die ganze Arbeit „umsonst“ war – wenn man den Spielspaß mal kurz außen vorlässt und nur die Charakter-Optimierung im Blick behält.WoW Parrot Blood Elf Beg title Island Expedition

Oft ist es der Fall, dass man sich mit Müh und Not durch einen „Mythisch+10“-Dungeon quält, um dann am Mittwoch eine Kiste zu öffnen, in der ein Gegenstand für einen Ausrüstungsslot ist, in dem bereits etwas Besseres liegt.

Viele Dinge in WoW, die richtig viel Zeit verschlingen, erledigt man nur noch, weil eine sehr kleine Chance besteht, dass es auch etwas bringt. Das Verhältnis von „Zeit/Nutzen“ ist aktuell komplett aus den Fugen geraten.

So viele Ziele, so wenig Zeit

Wenn ich nun mal zusammenfasse, dann ist meine „Woche in World of Warcraft“ prall gefüllt. Hier ist eine kleine Auflistung all der Dinge, bei denen mir mein „Gamer-Herz“ sagt, dass ich sie in dieser Woche erfüllen sollte:

  • 500 Eroberungspunkte im PvP sammeln
  • Die 7 Abgesandtenquests erledigen
  • Alle Weltquests mit Ausrüstung erledigen, für mögliche Aufwertungen
  • Den „Mythisch+“-Stein so hoch wie möglich treiben
  • 5 Zeitwanderungs-Dungeons für die wöchentliche Quest absolvieren
  • Insel-Expeditionen bis zum wöchentlichen Cap abschließen
  • Die Kriegsfront ausnutzen, solange sie aktiv war
  • Kriegsressourcen für die „Bonus Rolls“ farmen
  • Den Raid Uldir im LFR und auf normal besuchen

Allein „500 Eroberungspunkte sammeln“ kann mich schon mehrere Abende beschäftigen. Ihr alle kennt ja sicher diese Tage, in denen man jedes Schlachtfeld verliert, das man betritt, nicht wahr?

WoW Human Soldier Cry Taunt titleZähle ich alle Dinge oben zusammen, bin ich damit gut und gerne 24 Stunden pro Woche beschäftigt – also knapp 4 Stunden pro Tag. Das schwankt natürlich, je nachdem, wie gut es im PvP läuft oder welche „Nappeltruppe“ man mal wieder im LFR bei der MUTTER erwischt hat.

Sicher, nichts von den obigen Dingen ist Pflicht. Nichts davon ist „zwingend“ notwendig. Aber alles davon ist gerade so relevant genug, dass man es in Betracht zieht und sich ein bisschen mies fühlt, wenn man etwas ausgelassen hat.

Wie könnte es besser sein?

Um aber nicht nur zu meckern, möchte ich auch ein paar Lösungsansätze präsentieren, wie sehr viel „passiver Druck“ aus dem System genommen werden könnte.

Ich würde mir wünschen, dass einige Dinge „weniger erreichbar“ wären. Das beste Beispiel dafür ist die PvP-Kiste. Dass man sie nun auch ohne gewertetes PvP erhalten kann, macht sie verlockend. Das muss sie nicht sein.

Die PvP-Kiste hätte auch weiterhin exklusiv für PvPler bleiben können, die das PvP ernster nehmen als ich und gewertet spielen.

WoW Troll Human Soldiers titleWeniger RNG. Grundsätzlich mag ich RNG und finde Zufall gehört zu einem Loot-System in einem MMORPG einfach dazu. Aber der Zufall sollte sich in einem klaren Rahmen bewegen.

Eine Idee der Veränderung wäre die „Mythisch+“-Kiste. Mir würde es gut gefallen, wenn man schon in der aktuellen Woche sieht, welcher Gegenstand in der Kiste sein wird.

Um das als Beispiel zu verdeutlichen: Man könnte bereits in der laufenden Woche sehen, dass in der Kiste ein Schmuckstück enthalten ist, sieht genau die Werte und den passiven Effekt. Das Itemlevel von dem Schmuckstück hängt aber nun von dem schwierigsten Dungeon ab.

Wenn ich also nur einen „Mythisch+2“-Dungeon abschließe, erhalte ich am kommenden Mittwoch das Schmuckstück auf Itemlevel 350. Werden die Dungeons jedoch härter (Mythisch+10 als Beispiel), dann steigt das Schmuckstück auf 380+.

So hätte man ein klares Ziel vor Augen und kann auch manchmal sagen „Ach, diese Woche gibt es nur einen Umhang, da habe ich schon drei verschiedene auf 370 – da mache ich mir keinen Stress.“

WoW Panda Draenei Chest titleAktuell ist World of Warcraft für mich so stressig wie noch nie zuvor. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie das erst sein würde, wenn ich wieder richtig raiden oder einen Twink nachziehen möchte. Zu „erholsamen“ Dingen wie Pet-Battles oder Transmog-Farmruns komme ich gar nicht mehr. Ob der Patch 8.1 Tides of Vengeance daran etwas ändern wird, wage ich zu bezweifeln.

Vielleicht wird es Zeit für mich, einen Gang runterzuschalten. Freunde in Dead by Daylight aufhängen, ist irgendwie entspannter.

Wie empfindet ihr World of Warcraft im Augenblick? Seid ihr auch etwas erschlagen von der Vielfalt der möglichen Beute-Quellen? Gehört ihr zu den „Hardcore“-Leuten, die noch mehr pro Woche machen? Oder seht ihr das ganz viel „gechillter“ und macht nur wenige Dinge?

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von Cortyn