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Jan. 22, 2019 | 10:00 Uhr

Das nächste The-Elder-Scrolls-Online-Addon Elsweyr wurde angekündigt. Neue Quests, Drachen, ein großes Spielgebiet und eine neue Klasse kommen. Das ist alles super und doch stellt sich für MeinMMO-Autor Andreas Bertits eine wichtige Frage.

Mit Elsweyr nähert sich das MMORPG The Elder Scrolls Online immer mehr der Single-Player-Reihe an. Doch wie blickt das Onlinespiel in die Zukunft, wenn schon The Elder Scrolls 6 angekündigt wurde?

Das Dilemma um die Drachen

Darum machen die Drachen ein Problem bei ESO sichtbar: Eine Aussage aus unserem Interview mit Creative Director Rich Lambert hat mich besonders stutzig gemacht: Die Drachen sind gewaltige Bossgegner, die man im Verlauf der Story aber sogar alleine (mit Hilfe von NPCs) besiegen kann. Dies ist für mich wieder einmal ein Beweis dafür, dass sich ESO eben zu einem großen Teil auch an die Single-Player-Fans der The-Elder-Scrolls-Reihe richtet.

ESO Elsweyr SunspireTrial

Seien wir mal ehrlich: The Elder Scrolls Online lässt sich prima alleine spielen. Im Verlauf der Story hatte ich nie das Gefühl, zwingend andere Mitspieler zu benötigen. Klar, manche Inhalte sind alleine schwieriger zu meistern, bei anderen gibt es weniger Probleme. Grundsätzlich jedoch ist es möglich, die Story im Alleingang durchzuspielen. Das ist schließlich so gewollt.

Immer wieder weisen die Entwickler auf die Solo-Inhalte hin, um das Spiel eben denjenigen schmackhaft zu machen, die gerne ein neues Single-Player-RPG der Reihe spielen möchten, mit einem klassischen MMORPG aber eher weniger anfangen können. Die Zielgruppe der Elder-Scrolls-Fans ist wichtig für Zenimax. Deswegen auch der Hinweis, dass die Drachen in der Story von Elsweyr alleine besiegt werden können.

Wird ESO mit Elsweyr zum nächsten Skyrim? The Elder Scrolls Online nähert sich also immer mehr Skyrim, respektive der Single-Player-Serie, an. Dies ist an so vielen Ecken und Enden zu spüren. Ganz besonders nach der Ankündigung von Elsweyr. Die Drachen machen das MMORPG jetzt zudem für Skyrim-Fans schmackhaft, die ja schon in The Elder Scrolls 5 mit den Lindwürmern zu kämpfen hatten. Selbstverständlich gibt es nach wie vor die Gruppeninhalte und gemeinsame Abenteuer zu erleben, macht großen Spaß. Es ist aber für die Storyerfahrung nicht zwingend nötig.

ESO Elsweyr Combat_FightingAMonster

Nun wurde während der Spielemesse E3 im vergangenen Jahr The Elder Scrolls 6 angekündigt. Damit will Bethesda den nächsten Teil der Einzelspieler-Reihe entwickeln. Klar, das Spiel ist noch einige Jahre vom Release entfernt, einen Starttermin gibt es noch gar nicht. Und dennoch könnte sich ein Problem für ESO bilden. Auf einen Nachfolger von Skyrim warten die Fans schon sehr lange. Trotz ESO und den vielen Single-Player-Inhalten. Das heißt, sobald TES 6 erscheint, ist davon auszugehen, dass die Fans zu diesem Spiel strömen.

Für mich war bei der Ankündigung von Elsweyr einfach zu spüren, wie sehr sich The Elder Scrolls Online jetzt an Single-Player-Fans und Skyrim-Spieler richtet. Und da stellte sich mir die Frage: „Wie passt das zusammen: Bethesda kündigt TES 6 an und wenige Monate später erfolgt für ESO die Vorstellung eines neuen Addons, das sich im Grunde an dieselbe Zielgruppe richtet?“

Kommen schwere Zeiten auf das MMORPG zu?

Gräbt TES 6 die ESO-Spieler ab? ESO spricht also mit all den Einzelspieler-Inhalten zu einem nicht unerheblichen Teil die Fans an, die auf TES 6 warten. Die Fans, die ESO mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Rücken kehren werden, sobald der sechste Teil der RPG-Reihe erscheint. Damit könnten ESO sehr viele Spieler davonlaufen.

Man spricht immer wieder von Kannibalisierung, wenn ein MMO-Entwickler mehrere Onlinespiele im selben Genre auf den Markt bringt. Bei ESO und TES 6 scheint es ähnlich zu sein. Denn ESO ist ja zu einem gewissen Teil schon eine Art Single-Player-Spiel. Mit TES 6 gräbt Bethesda einen nicht geringen Teil dieser Spieler dann mit hoher Wahrscheinlichkeit ab.

ESO Elsweyr Environment

Nun mag man sagen: TES 6 wird vermutlich ein reiner Single-Player-Titel. Bei dieser Art von Spiel grast man die Inhalte ab und wechselt dann zum nächsten Spiel – oder im Fall von TES 6 eben wieder zurück zu The Elder Scrolls Online. Allerdings zeigt gerade Skyrim, wie langlebig ein Einzelspieler-Rollenspiel sein kann. Vor allem die Mod-Community hält den Titel selbst heute, über sieben Jahre nach Release, am Leben. Steamcharts zeigt, wie stark TES 5 heute noch ist.

Und eine gute Mod-Unterstützung erwarten die Fans auch von The Elder Scrolls 6. Deswegen ist einzukalkulieren, dass TES 6 die Spieler länger binden könnte, als so manch anderes Single-Player-RPG.

Und was wird dann aus ESO? Das bedeutet dann allerdings nicht das Ende des MMORPGs. The Elder Scrolls Online spricht auch „reine“ MMORPG-Spieler an und selbst einige derjenigen, die zu TES 6 wechseln, werden bestimmt immer mal wieder reinschauen. Etwa, wenn neue Inhalte veröffentlicht werden. Die Anzahl der Spieler von ESO könnte aber nach Release von The Elder Scrolls 6 deutlich abnehmen.

Welche Chance hat ESO? Zenimax Online hat noch ein paar Jahre Zeit, sich eine Strategie zu überlegen. Sinnvoll wäre es aber, die Ausrichtung im Vorfeld des Starts von TES 6 mehr in Richtung Gruppeninhalte zu ändern. Selbst, wenn es schwer fällt, könnte eine Folge sein, dass sich ESO weniger auf die Story konzentriert und entsprechend weniger Inhalte für Solospieler bietet.

Dadurch würde sich ESO zunächst an Multiplayer-Fans richten, während sich The Elder Scrolls 6 um die Solospieler kümmert. Mit der Zeit könnte sich dies dann wieder ändern und ESO fokussiert sich dann erneut auf Single-Player-Inhalte, um den Solospielern neue Geschichten zu bieten und sie so zurück zum MMORPG zu führen.

Zenimax will The Elder Scrolls Online sicher noch eine ganze Weile betreiben. Immerhin läuft das MMORPG sehr gut. Doch der Release von The Elder Scrolls 6 muss berücksichtigt werden. Zenimax muss vorausschauend agieren und davon ausgehen, dass viele ESO-Spieler zum kommenden Teil der RPG-Reihe wechseln, sobald er erschienen ist.

Dies muss irgendwie abgefangen werden. Wie das passiert, das werden wir dann noch sehen.