
Das Tanken in World of Warcraft ist eine merkwürdige Angelegenheit geworden. Das findet zumindest Cortyn.
Wer aktuell in World of Warcraft gerne die schwierigsten Inhalte mit einer kleinen Gruppe erlebt, der stürzt sich in die verschiedenen „Mythisch+“-Dungeons von Battle for Azeroth. Hier nimmt der Schwierigkeitsgrad immer weiter zu, je nachdem wie stark der Schlüsselstein ist. Während die meisten Schlüsselsteine unter „+10“ noch mit normalen Taktiken zu bewerkstelligen sind, ist das später kaum noch möglich.
Ich rede nicht davon, dass man plötzlich wieder Gegner ins CC nehmen muss und der Reihe nach erst daraus befreit, nein. Das ist cooles, planvolles Gameplay, wie man es in Classic, Burning Crusade und in Cataclysm brauchte.
Ich spreche davon, dass der Spielstil eines Tanks sich irgendwann in komplette Absurdität wandelt.
Das ist das Problem beim Tanken: In fast allen anderen PvE-Inhalten von World of Warcraft funktioniert das Tanken nach einem einfachen Prinzip: Der Tank zieht die Gegner zusammen, bindet sie an sich und versucht dabei so viel Schaden wie möglich zu vermeiden. Das schafft er, indem er Zauber unterbricht, aus Flächeneffekten rausgeht oder seine Defensiv-Cooldowns im richtigen Augenblick zündet.
Doch ab „Mythisch+15“ ist das nicht mehr der Fall. Ein Tank „tankt“ dort nicht mehr. Er rennt nur noch panisch durch den Raum, nachdem er unter Verwendung fast all seiner Abklingzeiten die Gegner für ein paar Sekunden angegriffen hat.
Mit Patch 8.1 braucht man übrigens neue Strategien für die „Mythisch+“-Dungeons.
Kaum planvolles Spielen: Es geht nicht mehr darum, dass der Charakter dank seiner Ausrüstung in der Lage ist, den Gegner standzuhalten, sondern nur noch darum, die Feinde in einen permanenten Dauerlauf zu bringen. Das Ziel ist es, dass die Feinde den Tank überhaupt nicht mehr erreichen können und dadurch ergeben sich von Dungeon zu Dungeon unterschiedliche „Parcours“ durch die man die Gegner zieht. Wer getroffen wird, der verliert.
Ein gutes Beispiel ist der aktuelle Rekord-Run von Mythisch+22.
Abkehr von der Klassen-Fantasie: Vielleicht empfinde nur ich das so, aber das hat für mich wenig mit dem gewünschten Spielstil eines Tanks zu tun. Wenn ich ein Krieger mit Schild oder ein grimmiger Dämonenjäger bin, dann will ich nicht wie das klischeehafte „kleine Mädchen“ panisch durch den Dungeon rennen in der Angst, getroffen zu werden. Ich will Feinden widerstehen können, möchte ihnen im Nahkampf begegnen und dort bekämpfen.
Ich habe nichts gegen das Kiten als solches. Vereinzelt ist das eine tolle Mechanik und kann durchaus passend sein. Wenn aber absolut jeder Kampf zu so einem albernen Hin und Her verkommt, dann geht mir dabei das Gefühl verloren, dass ich wirklich ein Tank bin.
Wie empfindet ihr die aktuelle Situation als Tank? Macht euch dieses Dauer-Rennen Spaß? Oder stört das auch eure Klassen-Fantasie?