Die Itemspirale ist eine dauerhafte Motivation in World of Warcraft – aber nicht für alle. Die Zahl der Spieler, die daran keine Freude haben, steigt beständig.
Aufgrund der vielen Probleme von World of Warcraft ist die Stimmung in den sozialen Medien aktuell ohnehin recht angespannt. Der Start von Saison 2 brachte zwar viel Freude aufgrund der coolen Cinematics, doch rasch überschatten Probleme und Beschwerden die anfängliche Freude wieder.
Aber heute möchte ich über einige Systeme sprechen, die in den letzten Erweiterungen immer stärker herausgearbeitet wurden, eine immer deutlichere Rolle in World of Warcraft einnehmen und für mich störender werden: Die Catch-Up-Systeme.
Was sind Catch-Up-Systeme? Als „Catch Up“-System oder auch „Aufholmechanik“ bezeichnet man in MMORPGs verschiedene Features, die es Spielern nachträglich einfacher machen sollen, das Niveau der Spieler zu erreichen, die schon länger spielen.
So sollen Neulinge oder ehemals Pausierende eine Chance haben, auch die aktuellen Inhalte eines Spiels zocken zu können. Meist geschieht dies über einfach zu erhaltende, starke Ausrüstung, für die man vor Monaten noch besonders schwere Inhalte absolvieren musste.
Catch-Up-Systeme haben sich totgelaufen
„Früher“ gab es ein oder zwei Catch-Up-Systeme. So konnte man etwa Dungeons besuchen, um sich Marken zu erspielen, mit denen man dann solide Ausrüstung kaufen konnte – zumindest für einige Rüstungsplätze. Wer jeden Slot belegt haben wollte, musste dennoch spezifische Aktivitäten machen, um wirklich gut ausgestattet zu sein.
Doch heute gibt es nicht mehr „ein Catch-Up-System“ – ausnahmslos alles ist ein Catch-Up-System. Egal ob der Spieler Weltquests angeht, Abgesandtenquests abschließt, Dungeons auf allen erdenklichen Schwierigkeitsstufen besucht, Kriegsfronten besucht, Weltbosse bezwingt oder PvP betreibt. Sämtliche Inhalte bringen den Spieler „auf den aktuellen Stand“.
Alles ist nur noch eine Aufholjagd, um im aktuellen Raid mitmischen zu können.
Und genau das ist frustrierend. Auf der einen Seite ist es natürlich toll, dass jeder nur genau die Art von Content spielen kann, die ihm Spaß macht. Dadurch wird niemand gezwungen, etwa Raids zu besuchen oder PvP zu machen. Auf der anderen Seite ist der Anreiz der einzelnen Inhalte gering. Wenn ich aus jeder Aktivität im Spiel ein komplettes Rüstungsset bekommen kann, das ungefähr dem aktuellen Stand entspricht, fehlt die Motivation sich noch zu verbessern.
Warum sollte ich versuchen, nächste Woche einen „Mythisch+10“-Dungeon zu schaffen und mich mit meiner Gruppe zu verbessern, wenn es Belohnungen bietet, die ich in vielen anderen Inhalten auch bekommen kann?
Die Einzigartigkeit der Belohnungen ist verschwunden. Klar, es gibt in Raids bestimmte Mounts oder aus den Kriegsfronten bestimmte Spielzeuge, die Spieler nur dort bekommen. Doch das ist im Regelfall „Kleinkram“, der nicht direkt mit der Entwicklung des Charakters zusammenhängt. Das mag einige motivieren, doch bei Weitem nicht alle.
Hinzu kommt das Einsetzen der Item-Spirale und gewisse Punkte, in denen die ganze erspielte Ausrüstung nutzlos wird. Wenn das zum Anfang eines Addons geschieht, beim Start in eine neue Welt, dann fühlt sich das noch in Ordnung an. Wenn es aber mit jedem Raidtier und jedem kleinen Patch passiert, ist das ein Problem. Mehr noch, wenn die Schwierigkeit der alten Inhalte steigt. Wenn ich vor zwei Wochen noch ein „Mythisch +10“ im Halbschlaf absolvieren konnte und es plötzlich kaum noch zu bewältigen ist, dann fühlt sich das schlecht an.
All diese Faktoren führen dazu, dass sich im aktuellen World of Warcraft vieles beliebig anfühlt. Es führt dazu, dass man einloggt, mit dem Charakter im Kreis läuft (den es nicht gibt) und nicht so recht weiß, was man mit der Zeit im Spiel anfangen will. Die Vorfreude auf den nächsten Tag, dass man endlich wieder eine bestimmte Art von Content angeht, um eine ganz besondere Belohnung nur dort zu ergattern, die ist so gut verschwunden.
Aktuell sind es wohl vornehmlich Freundschaften, die Spieler in World of Warcraft noch zusammenhalten und ein paar hartgesottene Fans, die an den Inhalten tatsächlich Spaß haben.
Wie könnte es besser sein?
Ich muss ehrlich sagen, dass ich nur wenige Ideen habe, wie man diese Systeme verbessern könnte. Ich glaube, mir wäre es lieber, wenn „Mythisch+“ noch weiter nach oben skalieren würde (also etwa auf +20 oder +30), ohne die Schwierigkeit beim Start einer neuen Saison anzuheben. Es ist frustrierend, an einer Zahl zu scheitern, die vor wenigen Wochen noch leicht erreichbar war. Es ist niederschmetternd, wenn Ausrüstung von vor zwei Wochen noch mehr als ausreichend war und jetzt im identischen Inhalt nicht mehr genügt.
Hinzu kommt, dass die Entwertung der Items jedes Mal mehr an mir persönlich nagt. Ich stecke nicht so viel Zeit in WoW wie viele andere, war aber doch auf mein Itemlevel von knapp 380 ziemlich stolz. Dass mir jetzt Itemlevel 400 etwa über eine äußerst triviale PvP-Quest nachgeworfen wird, stört mich mehr, als es das noch vor einigen Erweiterungen tat. Das liegt aber auch daran, dass subjektiv die Abstände zwischen diesen Catch-Up-Mechaniken immer kürzer werden und es kaum noch Phasen gibt, in denen man das Verdiente richtig auskosten kann.
Ich wünsche mir, wieder Dinge von Bestand erspielen zu können. Dinge, die nicht in einigen Wochen entwertet werden. Dinge, die auch einfach mal bis zur nächsten Erweiterung halten. Das muss nicht viel sein, denn Catch-Up-Systeme sind sinnvoll – aber das Ausmaß ist inzwischen zu groß.
Wie geht es Euch bei dieser Sache? Teilt ihr meine Meinung oder findet ihr die Item-Spirale mit den Catch-Up-Mechaniken sinnvoll und gut? Sollte es so bleiben, weil das eben „schon immer so war“?