Es ist nicht so, dass keine MMORPGs mehr erscheinen. Und es existieren auch jede Menge Online-Rollenspiele, die bereits spielbar sind. Warum aber warten viele immer auf „noch mehr“? Warum fühlt sich kaum ein MMORPG „richtig“ an?
Warum fühlen sich MMORPGs nicht „richtig“ an? Das ist die große Frage. Was ist „richtig“? Dies definiert wohl jeder Spieler anders, je nachdem, wie er sein erstes MMORPG oder sein Lieblings-Online-Rollenspiel erlebt hat. Nostalgie spielt immer eine Rolle. Die rosarote Brille liefert einfach oft ein verzerrtes Bild der Wahrheit.
Spielte man etwa zum ersten Mal Ultima Online, dann war dies neu, aufregend, interessant und spannend. So etwas gab es zuvor noch nicht. Dasselbe gilt für World of Warcraft, denn auch Blizzards MMORPG war für viele neu, weil sie vorher nichts mit dem Genre zu tun hatten und durch die Zugänglichkeit angelockt wurden aber wegen des Spaßes und des Umfangs blieben.
Dieses Gefühl gibt es selbst heute noch: Man muss sich nur Battle-Royale-Shooter ansehen. PUBG etwa fühlte sich neu und spannend an. Doch wird das in ein zehn Jahren noch genauso sein, wenn der x-te BR-Shooter erschienen ist?
Was sich „richtig“ anfühlt, ist immer subjektiv und hängt von den Erfahrungen, Wünschen und Vorstellungen der Spieler ab.
Nostalgie kann trügerisch sein
Warum das, was früher gut war, heute nicht mehr gut sein muss: Die Anfänge des MMORPG-Genres findet man in den MUDs, den Multi-User-Dungeons. Diese kamen bereits Ende der 1970er-Jahre auf und ermöglichten es Spielern, gemeinsam Textadventures zu erleben. Für diejenigen, die diese MUDs spielten, war es ein fantastisches Erlebnis und später erscheinende Titel konnten dieses Gefühl nicht mehr erzeugen. Denn es war damals neu und interessant.
Es gab zwar keine Grafik, dafür spielte sich alles in der Fantasie ab. Und die Fantasie erschafft einfach die wundervollsten Welten, die einem oft viel mehr in Erinnerung bleiben, als die schönsten Grafiken. Bedeutet dies aber, dass MUDs besser waren als moderne MMORPGs? Diejenigen, die mit MUDs aufgewachsen sind, wünschen sich bestimmt wieder dieses Gefühl von damals zurück.
Das heißt nicht, dass man nun wieder Textadventures spielen möchte. Das Onlinegame sollte schon modern sein. Aber es muss sich „richtig“ anfühlen. So, wie damals. Und das ist nicht möglich. Denn dieses Gefühl damals war einzigartig.
Deswegen sollte man sich auf etwas Neues einlassen: Vielleicht ist es nicht so gut, nach dem zu suchen, was man als „richtiges“ Spielgefühl beschreibt. Denn hier schwingt einfach immer die Nostalgie mit.
Wir sollten uns von dem lösen, was MMORPGs früher mal waren und was sie in uns für Gefühle hervorgerufen haben, denn das Genre hat sich über Jahrzehnte entwickelt. Und auch man selbst hat sich verändert. Die Lebensumstände sind anders und man spielt vielleicht nicht mehr so, wie man dies früher getan hat.
Vielleicht sollten wir jedes Spiel frisch angehen, ohne es mit dem zu vergleichen, was wir früher bei unserem ersten Online-Rollenspiel gefühlt haben. Denn so verwehren wir uns einer neuen Erfahrung. Und vielleicht ist es diese neue Erfahrung, die uns ebenso ans Herz wachsen kann.
Ja, MMORPGs haben sich verändert. Viele Mechaniken sind anders, Spiele richten sich an eine neue Zielgruppe… Doch muss das etwas Schlechtes sein? Man darf sich nicht auf ewig in seiner Comfort Zone aufhalten und nur das wollen, was früher so schön war. Wir müssen offen sein für neue Erfahrungen, auch, wenn das vielleicht schwer fällt. Denn sonst entgeht uns vielleicht etwas, das uns gefallen könnte.
Vielleicht gefällt es uns auf eine andere Weise wie das Lieblings-MMORPG von früher, doch das kann eine ebenso schöne Erfahrung sein, an die wir uns dann in einigen Jahren wieder genauso gerne erinnern.
Die Suche nach dem „perfekten“ MMORPG
Ist es Zeit, mit der Suche nach dem „perfekten“ MMORPG aufzuhören? Es gibt so viele MMORPGs auf dem Markt und es werden immer wieder neue angekündigt. Diese Spiele sind darauf ausgelegt, langfristig gespielt zu werden und doch schauen wir immer nach etwas Neuem. Weil wir eben das „richtige“ Gefühl erleben wollen.
Doch wenn wir uns zu sehr an die Vergangenheit klammern, dann werden wir dieses Gefühl wohl nie wieder erleben. Deswegen sollten wir uns auf die Spiele einlassen, die wir haben und versuchen, uns für die neuen Erfahrungen zu öffnen.
Das heißt nicht, dass wir uns mit allem zufriedengeben sollten. Gefällt ein MMORPG nicht, dann schaut man sich selbstverständlich nach einem anderen um. Und natürlich behält man angekündigte Titel im Auge, weil diese vielleicht ebenfalls interessant sein könnten.
Nur sollten wir einfach den Spielen eine faire Chance geben. Und es ist nur dann fair, wenn wir die Vergangenheit ruhen lassen und uns frisch und offen den modernen und neuen Spielerfahrungen widmen. Dann finden wir wieder das „richtige“ Gefühl, das für jedes MMORPG ein Eigenes sein kann.