Post banner
Featured
Oct. 22, 2018 | 14:30 Uhr

Cortyn rechnet Artifact keine hohen Erfolgschancen zu. Das liegt aber nicht am Spiel, sondern an den Zuschauern.

Valve wagt den Schritt in den Markt der großen Kartenspiele und versucht mit Artifact etwas Neues. Anstatt nur auf einem Spielfeld zu zocken, findet Artifact in „3 Lanes“ gleichzeitig statt und erinnert damit ein bisschen an ein MOBA. Doch ich glaube, dass dieser Ansatz für die Überlebensdauer eines Kartenspiels Gift ist.

Für den Vergleich werde ich auch ein bisschen über Blizzards Hearthstone reden. Alleine schon, weil Hearthstone aktuell wohl der unangefochtene Platzhirsch in diesem Genre ist und daher als Referenz gut herhalten kann.artifact

Mitfiebern in Artifact fällt schwer

Bei Hearthstone ist das Mitfiebern leicht. Selbst wenn man Hearthstone nicht spielt, hat man nach ein paar Minuten des Stream-Schauens verstanden, worum es geht. Man versteht die Abläufe, sieht einen klaren Prozess und ist sofort mitten im Spielgeschehen.

Sicher: Auch bei Artifact wird man nach einer Weile in das Spiel hineinfinden und als Zuschauer verstehen, was Sache ist. Aber die Einstiegshürde ist um ein vielfaches höher. Bis man alleine verstanden hat, warum Artifact auf 3 unterschiedlichen Spielfeldern gleichzeitig gezockt wird und was die miteinander zu tun haben, vergeht schon eine Weile.

Dann muss man über all diese Prozesse auch noch auf dem Laufenden bleiben. Während auf Lane 3 die Karten platziert und gebufft werden, muss man noch im Hinterkopf haben, was auf Lane 1 und 2 eigentlich Sache ist.

Bei Hearthstone schaltest du einen Stream ein. Du siehst das einzige Spielbrett und die Karten in der Hand des Spielers. Du weißt schneller, was Sache ist. Du hast rasch einen klaren Überblick vom Stand des Spiels, siehst ob der gezeigte Spieler gerade überlegen oder unterlegen ist. Du kannst schon bald mitfiebern und miträtseln, wie er nun agieren wird.

Ein Kartenspiel wie Artifact oder Hearthstone lebt nicht nur vom Spielspaß, sondern auch davon, wie viel Freude es beim Zusehen macht. Es muss leicht verständlich sein und mit nur einem Blick offenbaren, wie es aktuell aussieht. Das gelingt Artifact leider nicht – oder zumindest noch nicht.Artifact Match 3 Lanes

Artifact hatte übrigens schon seinen ersten Skandal – es ging um „schwarze Helden“ und Peitschenhiebe.

Für Spieltiefe wird Dynamik geopfert

Ich glaube keiner würde anzweifeln, dass Artifact mehr taktische Tiefe als Hearthstone bietet und daher auch zwei bis drei Ebenen komplexer ist. Die Frage ist allerdings, ob Komplexität alleine etwas gutes ist, vor allem, wenn dafür andere Aspekte dem Spiel geopfert werden.

Dadurch, dass in Artifact jede Reaktion erst eine Gegenreaktion hervorrufen kann, ziehen sich einzelne Spielzüge mitunter in die Länge. Das macht das Spiel nicht nur für die Spieler träger, sondern auch als Zuschauer uninteressanter. Wenn man nicht gerade ein Faible für Mathematik hat, dann sind die unzähligen „X bufft Y“- und „A schwächt B, wenn C bei aktiver Mondfinsternis im Epizentrum von D steht“-Effekte nicht sonderlich spannend.Artifact Match Screenshot 1

Ich würde Artifact wünschen, dass es ein sehr erfolgreiches Spiel wird. Denn dann hätte Hearthstone endlich einen ernstzunehmenden Konkurrenten und müsste mit neuen Ideen aufwarten. Dann würden die Entwickler nicht mehr so leicht damit durchkommen, einfach den Turniermodus zu streichen. Damit Hearthstone neue Impulse bekommt, wäre ein erfolgreicher Konkurrent das Beste, was passieren kann.

Eigentlich ist das eine ziemlich traurige Ansicht, wenn ich sage: „Ich hoffe Artifact ist gut, damit Hearthstone daran wachsen kann“ – aber mehr rechne ich dem Spiel aktuell leider nicht zu.

Mehr wissen wir sicher Ende November. Dann sollte Artifact nämlich veröffentlicht werden und wir werden sicher einen genaueren Blick hineinwerfen.

Wie ist eure Meinung zu Artifact? Freut ihr euch schon auf das Kartenspiel von Valve? Oder ist das so gar nicht euer Interessensbereich?

von Cortyn