„Remaster“-Versionen teilen die Spielerschaft etwa bei Warcraft 3: Reforged. Doch Cortyn ist der Ansicht: Genau das haben wir bestellt und das bekommen wir jetzt.
In den letzten Wochen dreht sich in der Gaming-Szene vieles um einen neuen „alten“ Trend: Die Remaster-Spiele sind auf dem Vormarsch.
Der größte Vertreter ist hier wohl Blizzards Warcraft 3: Reforged, aber auch andere Klassiker sind wieder aufgetaucht. Kürzlich hatte EA erst angekündigt, dass man die beiden „Command & Conquer“-Spiele, Tiberian Dawn und Red Alert, neu aufsetzen will.
Die Spieler sind über diese Entscheidungen gespalten – sowohl bei Warcraft als auch bei C&C. Eine Hälfte der Spieler feiert die Rückkehr der Klassiker in neuem Gewand, andere kritisieren die Ideenlosigkeit der Entwickler, wenn sie alte Spiele neu aufsetzen.
Bei Warcraft 3 heißt es dann: Macht doch lieber Warcraft 4 als das alte noch mal aufzuwärmen.
Nostalgie wird von Realität ruiniert
Nostalgie ist eine feine Sache, denn sie macht aus guten Erinnerungen wunderbare. Die sprichwörtliche rosarote Brille kennen wir wohl alle. Wer in den letzte 17 Jahren kein Diablo 2 gespielt hat, zum Release aber „voll dabei“ war und viel Spaß hatte, der hat jetzt ein klares Bild von dem Spiel.
Das Problem: In unserer Erinnerung ist das Spiel immer schöner, als es tatsächlich war.
In meinem Freundeskreis war das ähnlich. Aus nostalgischen Gefühlen wollte man noch einmal Diablo 2 ausprobieren und stellte nach knapp einer halben Stunde fest:
„Okay, das hier ist kein Grafikfehler, so war das Spiel offenbar auf maximaler Auflösung.“
Ein reines Pixelfest, mit ruckeligen Animationen.
Bei Warcraft 3 war diese Erkenntnis für mich nicht so schlimm, da ich das Strategie-Spiel in den vergangenen Jahren immer mal wieder auspackte, um mal wieder die eine oder andere Kampagne zu zocken.
Objektiv betrachtet ist die Grafik heutzutage natürlich ein Graus und wenn eines der Menschenkinder in Warcraft 3 seinen Kiefer aufklappt, erinnert mich das eher an Horrorfilme als an niedliche Comic-Grafik.
Weniger Toleranz für Neues
Ich merke das an mir selbst. Mit mehr als zwei Jahrzehnten Gaming auf dem Buckel haben sich meine Vorlieben relativ klar herauskristallisiert. Ich steh auf MMORPGs, Zombie-Shooter, asymmetrische „Monster-Gejagte“-Spiele (Evolve, Dead by Daylight, White Noise 2), JRPGs und das eine oder andere Strategiespiel oder Hack&Slay im Bayonetta-Stil.
Auch wenn ich in viele neue Spiele noch immer reinschaue und mich in manche neue Games sprichwörtlich „verliebe“, merke ich doch selbst, dass ich andere Spiele direkt kategorisch ausschließe, ohne ihnen eine Chance zu geben.
Dass ich Fortnite oder PUBG installiere, würde wohl nicht einmal unter Folter geschehen.
Sicher liegt dieser selbstauferlegte „Filter“ auch daran, dass man früher weniger Auswahl hatte. Auch Warcraft 3 und Diablo 2 hatten Fehler. Aber aus Mangel an Alternativen lebte man mit den Fehlern und sie wurden Teil der Spielerfahrung, die man so liebte. Die Fehler gingen unter.
Wenn man diese Spiele heute wieder zockt und diese Fehler findet, sind sie aber genau so ätzend wie damals.
Heute habe ich nicht nur ein oder zwei Spiele zur Auswahl, sondern hunderte bis tausende pro Genre und das mit nur wenigen Klicks, die zum Kauf führen.
Mich persönlich hat diese Masse an Auswahl eher unzufriedener gemacht, weshalb ich gerne auf Bewährtes zurückgreife.
Wir haben Remaster bestellt, jetzt kommen sie auch
Warum machen die Entwickler also ein Remaster? Die Antwort ist nicht nur „weil es einfach ist“, sondern weil wir seit Jahren danach geschrien haben. Weil wir Spiele wollen, die unsere Nostalgie bedienen. Weil wir Spiele wollen, die „so sind wie damals“.
Aber das ist so ein Fall, wo ich glaube, dass viele gar nicht genau wissen, was sie eigentlich wollen. Denn die meisten wollen nicht ein Spiel „das ist wie damals“, sondern exakt das Spiel von damals. Das wollte ich zuerst auch nicht einsehen.
Die Entwickler bedienen dieses Verlangen nun und präsentieren uns genau die Spiele, nach denen wir uns seit einem Jahr sehnen: Die alten, gleichen Spiele, nur optisch ansprechender.
Wir können wieder in Warcraft 3 die Anfänge der ersten „Tower Defense“-Spiele zocken oder uns darauf besinnen, woher das MOBA-Genre eigentlich stammt – von einer Map für Warcraft 3.
Und genau deshalb denke ich, dass man „Remaster“ alter Spiele nicht so negativ betrachten sollte. Natürlich ist es weniger Arbeit für ein Unternehmen wie Blizzard, einfach ein altes Spiel wie Warcraft 3 aufzupolieren und als „Reforged“-Version noch einmal zu verkaufen.
Für mich spricht absolut nichts dagegen, einen damaligen Welthit zu nehmen, neu zu polieren und mir noch einmal anzudrehen. Der neuste Halloween-Film war immerhin auch ganz okay.
Nur weil Warcraft 3: Reforged gemacht wird, fällt etwas anders ja nicht unter den Tisch oder die Entwickler fangen nun an, nur noch alte Projekte wiederzubeleben.
Doch für alle Fans, die auf Warcraft 4 warten, gibt es wenigstens einen Funken Hoffnung: Wenn Blizzard mit Warcraft 3: Reforged merkt, dass das Strategie-Genre noch immer begeistern kann, denkt man womöglich über einen neuen Ableger nach. Hoffen wir mal, dass der dann nicht Mobile wird.