Der Fortnite-Star Ninja dient als Aufhänger für Diskussionen: Frauen im Gaming oder die Crossplay-Verweigerung von Sony. Beide Themen stehen der US-Gamingseite Polygon nahe, glaubt unser Autor Schuhmann. Die nutzen die Popularität von Fortnite und Ninja clever aus, um gezielt Empörung zu konstruieren.
Was ist passiert? Letzte Woche am Donnerstag hat Samsung sein neues Handy vorgestellt. Samsung war vorher einen Deal mit Epic eingegangen: Fortnite Mobile würde für wenige Tage exklusiv nur mit Samsung-Geräten laufen.
Am Rande der Veranstaltung tauchte Twitch-Star Ninja auf. Er führte ein Interview mit der US-Seite Polygon. In diesem Interview ging es aber nicht um Fortnite, das Spiel für das Ninja steht und mit dem er berühmt wurde, sondern um andere Themen.
Themen, die erstaunlich gut zum Profil von Polygon passen.
Wer ist Ninja? Ninja ist Tyler Blevins. Ein Typ, der seit Ewigkeiten auf Twitch unterwegs ist. Der Hype um Fortnite hat ihn ganz nach oben gebracht und ihm 10 Millionen Follower auf Twitch beschert.
Wer ist Polygon? Polygon ist eine US-Gamingseite, die bevorzugt „linke“, „kulturelle“ und „politische“ Themen besetzt:
- Frauen im Gaming
- Minderheiten im Gaming
- LGBT-Themen
- und ähnliches
Außerdem hat Polygon im Juni und Juli das Thema „Sony und Crossplay“ derart hart auf die Tagesordnung gesetzt, dass man das Gefühl hat, die Autoren dort wollten Sonys Blockade eigenhändig niederreißen. Allerdings ist das Thema in den letzten Wochen deutlich abgeflaut.
Zwei Storys entwickelt: Aus dem Interview mit Ninja machte Polygon zwei Artikel:
- Die erste war „Fortnite Streaming Star Ninja sagt, Sony blockiert das PS4-Crossplay wegen Gier“ – die Story kam am 10. August (via Polygon)
- Die zweite war: „Ninja erklärt seine Entscheidung, nicht mit weiblichen Gamern zu streamen“ – vom 11. August (via Polygon)
Beide Storys passen perfekt zu Polygon. Aber welche setzt sich durch und gewinnt?
„Der streamt nicht mit Mädchen“ ist ein Hit, „Sony gierig“ floppt
Wie kamen beide Storys an?
Ninjas-Statement zur Gier von Sony verpufft fast völlig. Kaum wer ging auf das Thema ein, offenbar waren es die Leute überdrüssig geworden über die bösen Machenschaften von Sony zu lesen.
Die Ansicht von Ninja, Sony weigere sich aus Geldgründen gegen Crossplay, war jetzt auch nichts Besonderes. Das hatten wir alles vor zwei Monaten schon gehört und auch so verstanden.
Die Story, dass Ninja nicht mit Mädchen zusammenspielt, weil er die zwangsläufigen Gerüchte meiden will, hat aber Feuer gefangen und ist das große Thema zu Fortnite der letzten Tage. Allein in Deutschland hat fast jede Gaming-Seite über das Thema berichtet, sogar General-Interest-Medien griffen es auf.
Polygon selbst hat gleich zwei Folge-Artikel verfasst:
- So reagieren Streamer auf Ninjas Entscheidung, nicht mit weiblichen Streamern zu spielen – vom 13. August (via Polygon)
- Ninja antwortet auf die Kritik , mit Frauen zu streamen – ebenfalls vom 13. August (via Polygon)
Der ursprüngliche Artikel von Polygon zur Weigerung Ninjas, mit Frauen zu streamen, hat 640 Kommentare. Zum Vergleich: Der zur Weigerung von Sony, mit den anderen Konsolen zu spielen, nur 44.
Klicks, Links und Ärger
Was kann man da sehen?
Erstmal: „Oh, der könnte Sexist sein“ schlägt „Oh, der sagt was Böses gegen Sony“ und zwar um Längen.
Das Interessante ist hier, wie Ninja und Fortnite dafür genutzt werden, die Themen auf die Tagesordnung zu setzen, die im Sinne einer Gaming-Seite stehen. Polygon möchte nicht über Gameplay, sondern über andere Dinge reden. Eben über Sony Crossplay und Frauen im Gaming.
Lieber Kultur als Gameplay
Win-Win für beide Seiten? Sicher gab’s im Interview noch zig andere Sachen, aus denen man Storys hätte spinnen können. Etwa, wie zur Hölle, Ninja das verfluchte Spiel sieht, über das er so bekannt wurde. Aber Gameplay passt nicht zu Polygon. „Der spielt nicht mit Mädchen“ schon.
Ninja bestimmt hier nicht, über was geredet wird, sondern dient als Instrument dafür, um Themen zu besetzen. Wobei er hier nicht das Opfer ist, sondern man ihm vorhalten kann, dass bewusst zu machen, um seine Marke weiter zu stärken.
Clever, aber irgendwie auch gruselig
Pulver-Fass Thema: Dass die Äußerung „Der streamt nicht mit Mädchen“ ein Pulverfass ist, an dem sich ganz nebenbei eine Sexismus-Debatte entzündet, dürfte jedem klar sein und auch den Autoren von Polygon.
Unter der jüngsten News auf GameStar zu dem Thema sind die Kommentare gesperrt, man fürchtet zu viel Moderation-Aufwand.
Clever, aber künstlich: Das sind die Themen, über die geredet werden soll, wenn es nach Polygon geht. Und eine Menge Clicks und Links von anderen Seiten bringen solche Artikel auch, das stärkt das eigene Profil.
Also: Clever gemacht, Polygon. Aber irgendwie ist es auch erschreckend, wie künstlich und bewusst solche Themen auf die Tagesordnung gesetzt werden können. Und wie gut das funktioniert.