Bei Guild Wars 2 formiert sich Kritik an Chef und Gründer Mike O’Brien. Ehemalige Mitarbeiterinnen von Guild Wars 2 äußern sich kritisch zu dessen Rolle beim Rauswurf der Entwicklerin Jessica Price. US-Gamingseiten sprechen von einem „PR-Desaster.“
Das ist passiert
Entwicklerin beleidigt Streamer: Wir haben darüber berichtet, dass die Guild-War-2-Autorin Jessica Price von ArenaNet gefeuert wurde, nachdem sie in einen Streit auf ihrem eigenen Twitter-Account geriet. Ein Streamer gab ihr respektvoll Kritik. Die Entwicklerin sah darin aber den Versuch eines Mannes und Amateurs, sie als Profi und Frau zu belehren. Daraufhin wies sie die Anmerkungen brüsk ab und sprach von „Arschkrampen“, die ihr erklären wollten, wie der Job geht, den sie seit zehn Jahren macht.
Sie hielt die Anmerkungen des Streamers zu ihren Ausführungen über Story-Telling in MMORPGs für sexistisch. Price fühlte sich als Frau und Entwicklerin von einem Mann unterschätzt und nicht ernst genommen.
Today in being a female game dev:
"Allow me–a person who does not work with you–explain to you how you do your job." https://t.co/lmK0yJWqGB
— Jessica Price (@Delafina777) July 4, 2018
Entwicklerin wird gefeuert: Anschließend wurden die Tweets zum Thema großer Diskussionen auf reddit und im Guild-Wars-2-Forum. Die Entwicklerin wurde von ArenaNet einen Tag nach dem Vorfall entlassen.
like, the next rando asshat who attempts to explain the concept of branching dialogue to me–as if, you know, having worked in game narrative for a fucking DECADE, I have never heard of it–is getting instablocked. PSA.
— Jessica Price (@Delafina777) July 4, 2018
Entwickler war 13 Jahre bei ArenaNet, wird auch gefeuert: Neben Jessica Price wurde auch Peter Fries entlassen. Der war seit 2005 bei ArenaNet und arbeitete schon am ersten Guild Wars 1 mit. Fries wurde gefeuert, weil er in Tweets die Entwicklerin Price in Schutz nahm, etwa mit der Aussage, sie hätte ja nicht nach Feedback gefragt.
Das sagt sie
So lief die Entlassung ab: Gegenüber der US-Seite Polygon hat Price die Umstände ihrer Entlassung geschildert. Sie sei in ein Meeting mit ArenaNet-Chef Mike O’Brien gerufen worden. Sie habe keine Gelegenheit erhalten, ihre Position zu schildern.
O’Brien habe darauf bestanden, dass Entwickler die Freunde von Kunden der Firma sein müssten. Selbst außerhalb ihrer Dienstzeit sei das Verhalten von Price nicht akzeptabel.
Hintergrund dafür: Price hatte getwittert: Das sei Ihr privater Twitter-Account. Sie sei außerhalb ihrer Arbeitszeit. Niemand solle erwarten, dass sie so tue, als möge sie ihn hier.
Since we__APO__ve got a lot of hurt manfeels today, lemme make something clear: this is my feed. I__APO__m not on the clock here. I__APO__m not your emotional courtesan just because I__APO__m a dev. Don__APO__t expect me to pretend to like you here.
— Jessica Price (@Delafina777) July 4, 2018
Das war’s: O’Brien habe dann das Meeting verlassen und ein Manager habe Price den Inhalt ihres Schreibtisch gegeben. Danach habe man ihre Schlüsselkarte eingezogen.
ArenaNet ist zusammengeklappt wie ein billiger Klapptisch
ArenaNet wusste, worauf sie sich einlassen: Laut Price wusste ArenaNet, dass sie „leidenschaftlich in den sozialen Medien agiere“ und das sei auch immer okay gewesen. Sie habe nie eine Verwarnung für ihr Verhalten auf Social Media erhalten. Alles, was sie auf Twitter gesagt habe, stimme mit dem überein, was sie es seit Jahren dort gesagt habe. Auch die Art sei dieselbe gewesen.
Armee von Bots: O’Brien sei vor einer Handvoll Menschen und einer Armee von Bots und Fake-Accounts zusammengebrochen. Die genauen Wortwahl gegenüber Polygon war: die Firma sei zusammengeklappt wie ein billiger Klapptisch.
Es geht ums Geschlecht: Ihre heftige Reaktion erklärt Price damit, dass der Tweet des Streamers der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Ständig tauchten Männer auf Twitter auf, die Ihr erklärten, wie Ihr Job funktioniere. Die tauchten auch auf, um Kolleginnen deren eigene Witze zu erklären.
Männer hätten das Problem auch, aber nicht so krass: Gamer glaubten nicht, dass irgendwer Ahnung habe. Aber für Männer sei es nicht so eine andauernde Flut von Kommentaren wie für Frauen. Das habe auch Fries bestätigt. Der habe getwittert: „Hey, ich rede über die selben Sachen wie sie, aber mir passiert sowas nicht.“ Das wär einer der Tweets gewesen, für die Fries entlassen worden sei.
Das sagt der Chef
„Sie hat angegriffen“ Mike O’Brien, der Chef von Guild Wars 2, sagt in einem Statement zu Polygon, die Mitarbeiterin Jessica Price habe auf Twitter klar die Firma repräsentiert. Ein Streamer sei respektvoll und professionell auf sie zugegangen und habe einen Vorschlag für das Spiel gemacht. Jede Erwiderung der Firma darauf müsse wiederum professionell und respektvoll sein. Eine wahrgenommene Beleidigung rechtfertige keinen Angriff. Es sei nicht zu akzeptieren, dass der Versuch mit der Firma in Kontakt zu treten, mit einer so offenen Feindseligkeit erwidert werde.
Keine Reaktion auf eskalierende Community: Die Tweets habe Price am 4. Juli verfasst, schreibt O’Brien weiter. Das Studio war hier zum Unabhängigkeitstag geschlossen. Man wusste von den Tweets schon da und entschied sich, etwas zu unternehmen. Die Tatsache, dass der Ärger der Community am 5. Juli eskalierte, könne den Eindruck erwecken, die Handlung von ArenaNet seien eine Reaktion auf die Community. Aber das sei nicht der Fall gewesen. Man habe so früh gehandelt, wie man konnte.
Das sagt die Presse: „PR-Desaster“ und gefährliche Botschaft
Entlassung ist großes Thema: Die Entlassung von Jessica Price hat in den letzten Tagen die Gaming-Presse in den USA beschäftigt. Der Tenor hier ist allgemein, dass Guild Wars 2 einen „PR-Patzer“ begangen habe.
- Die US-Seite Polygon glaubt, der Rauswurf von Jessica Price sende das Signal an Reddit, „dort könne man jeden feuern, wenn man nur genug Stress macht.“
- Die US-Seite Kotaku lässt Jessica Price ausführlich zu Wort kommen. Price beschreibt dort den Zusammenstoß mit dem Streamer sinngemäß als „Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.“
- Die Seite MassivelyOP hat mittlerweile sieben Artikel zum Thema. In einem spricht man vom Vorfall als „Pricegate“ und zitiert die Gruppe „Game Workers United“, die vielleicht mal eine Gewerkschaft der Entwickler bilden wird. Dort sagt man, die „unethischen Entlassungen bei ArenaNet“ hätten die Mitgliederzahlen nach oben getrieben.
GWU Bay Area__APO__s membership increased over 25% this week, with new members citing @ArenaNet__APO__s unethical firings as what motivated them to join. One new member wrote "I saw Jessica Price and Peter Fries get fired so what chances would I have without a union?" Let__APO__s build one ✊? https://t.co/AEV1Ig42vb
— GWU Bay Area (@GWU_BayArea) July 10, 2018
Es hat einen Grund, warum er der einzige Gründer ist, der noch bei ArenaNet ist
GW2-Chef im Fadenkreuz: Besondere Kritik richtet sich direkt gegen den Präsidenten von ArenaNet, Mike O’Brien.
So schreibt der Chefredakteur von mmorpg.com, er habe mit ehemaligen Angestellten von Guild Wars 2 gesprochen und Mike O’Brien sei nicht der Held von ArenaNet, den die Fans in ihm sehen. Im Gegenteil: Er sei zwar Gründer und Präsident der Firma, aber es gebe einen Grund, warum er der einzige noch verbliebene Gründer bei ArenaNet sei. Mmorpg.com scheint O’Brien für den Weggang der anderen Gründer bei dem Unternehmen verantwortlich zu machen.
In jedem Fall glaubt man dort, der Vorfall habe Guild Wars 2 das günstige Momentum nach der guten Erweiterung Path of Fire gekostet. Man denkt, die Entscheidung habe ArenaNet als Arbeitgeber unattraktiver gemacht.
Das sagen ehemalige Mitarbeiterinnen von Guild Wars 2
„Wölfen zum Fraß vorgeworfen“ Auch ehemalige Mitarbeiter von Guild Wars 2 melden sich zu Wort. Die Entwicklerin Kate Welch war bis 2014 bei ArenaNet und dort unter anderem das „Gesicht“ der Stream-Show „Point of Interest.“
Welch sagt, sie sei vier Jahre bei ArenaNet gewesen und hätte ihre Zeit dort sehr gemocht. Aber schon damals wären die Verantwortlichen sehr schlecht im Umgang mit dem Verhältnis von Entwicklern zu Fans gewesen. Es sei FAST so, als sei dort jemand, der es mögen würde, Leute den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen, um ein bisschen verdammte Aufmerksamkeit von Reddit zu erhaschen. Und das tue er mit alarmierender Regelmäßigkeit.
it’s ALMOST like there’s someone there who loves throwing people under the bus to get some fucking Reddit attention, and who has done it with alarming regularity
— spoilers swag (@katewelchhhh) 6. Juli 2018
Hohe Kosten: Eine andere ehemalige Entwicklerin von Guild Wars 2, Angel McCoy, hält die Entlassungen für eine vorschnelle und unglückliche Überreaktion, um die Unzufriedenheit der Spieler zu stillen. Gerade dass Peter Fries entlassen wurde, sei ein Verlust für die Firma. Der habe mehr als zwölf Jahre lang Blut, Schweiß und seine Seele der Firma gegeben und sei ein tolle Präsenz in den sozialen Medien gewesen. Als Fries ging, verließ eine Menge Wissen das Spiel, das später fehlen werde.
Das sagt ein Verband von Entwicklern
Gewerkschaften und Verbände fordern Regeln: Der Verband „International Game Developers Association“ (via Gamasutra) fordert mit dem Blick auf den Vorfall in einem Blog-Post die Gaming-Firmen dazu auf, klare Richtlinien zu erlassen, wie sich Entwickler in den sozialen Medien verhalten sollen.
Wir haben uns auf Mein MMO in einem Meinungsartikel mit der Rolle auseinandergesetzt, die Reddit und Guild Wars 2 in diesem Vorfall spielen: